NDR 1 Welle Nord

2022-11-07 15:37:58 By : Ms. Cherry Lee

Ein Kieler Forscherteam will die Osteoporose-Diagnose revolutionieren. Es soll schneller und schonender gehen als bisher - mit Hilfe eines neuartigen Ultraschallgeräts.

Osteoporose (Knochenschwund) zählt zu den häufigsten und teuersten Volkskrankheiten weltweit und erhöht das Risiko, einen Knochenbruch zu erleiden. Etwa ein Viertel aller Menschen über 50 Jahren haben in Deutschland mit Knochenschwund zu kämpfen. Oft wird die Erkrankung erst spät oder gar nicht erkannt und bleibt unbehandelt. Konkret werden 70 Prozent der Patienten momentan zu spät diagnostiziert. In Deutschland gibt es mehr als 760.000 Knochenbrüche durch Osteoporose pro Jahr. Das passiert oft völlig unverhofft und ohne wirklichen Grund - genau dann ist es schon zu spät.

Bisher wird die Erkrankung in der Regel durch eine Röntgenuntersuchung festgestellt, die sogenannte Knochendensitometrie. Problem: Neben der Strahlenbelastung wird dabei nur die Knochendichte gemessen. Zusätzliche Informationen über die Struktur und Materialeigenschaften von Knochen, wie ihre Porosität oder Elastizität, könnten aber weitere wichtige Hinweise auf eine Osteoporose-Erkrankung geben.

Seit mehr als fünf Jahren forscht er mit seinem Team an einem neuartigen Gerät. Der Kieler Physiker Professor Claus Glüer will die Diagnose des Knochenschwunds revolutionieren. Die Idee entstand durch Zufall: Ein Team-Kollege forschte an Ultraschall im Meer und ein anderer an Röntgenstrahlen und Knochen und sie überlegten spontan, doch einfach mal zu tauschen. Das war der Startschuss für den Bau des Prototyps des jetzigen Ultraschallgerätes. Das soll genau die Angaben liefern, die das Röntgenverfahren nicht liefern kann.

Zum Messen drucken sich die Forscher einen Schienbeinknochen im 3D-Drucker aus. Der wird unter den Ultraschall-Sensor eingespannt und dann wird gemessen. Ziel: Das neue Diagnosegerät soll dazu beitragen, Osteoporose-Erkrankungen schneller, schonender und umfassender zu identifizieren. Dieses Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) gefördert.

Mit Ultraschall können die Forscher die Erkrankung besser identifizieren, weil: "Zwischen der Schallgeschwindigkeit/-ausbreitung einerseits und der Knochendichte und der -elastizität andererseits ein direkter physikalischer Zusammenhang besteht. Damit konnten wir erstmals mehrere Einflussfaktoren auf die Knochenfestigkeit bestimmen, mit denen sich Osteoporose-Erkrankungen umfassender als bisher diagnostizieren lassen", sagt Glüer. "Umso schneller der Schall durch den Knochen geht, desto stabiler ist er, weil er dann einfach besser leitet", erklärt der Elektroingieneur Finn Spitz. Da das zugrunde liegende Messverfahren ohne Röntgenstrahlung auskommt, kann das Ultraschallgerät auch bei Risikopatientinnen und -patienten, Schwangeren oder Frauen in den Wechseljahren angewendet werden. Untersuchungen und Therapiekontrollen wären außerdem häufiger möglich.

Aktuell soll aus diesem zum Patent angemeldeten Verfahren ein Prototyp für den medizinischen Einsatz werden. Um Schallwellen in optimierter Weise zu erzeugen und automatisiert zu vermessen, entwickelt das Team gerade den verwendeten Sensorkopf weiter. "Man kann sich das Messprinzip vorstellen, wie eine akustische Welle, die Sie hören können. Dieses muss übersetzt werden, in ein Signal, das vom Computer verarbeitet werden - dahingehen versuchen wir gerade, den Sensorkopf zu optimieren." Das ist aktuell die schwierigste Herausforderung für das Team, erzählt der Ingenieur Andreas Bahr.

Das nächste Ziel ist es, ein kompaktes Gerät für den Einsatz in jeder medizinischen Praxis zu konstruieren. "Das neue Ultraschallgerät soll die Daten nutzerfreundlich in Echtzeit ausgeben und deutlich weniger Platz benötigen als die bisher genutzten, großen Röntgenanlagen. Damit eignet es sich auch für den Einsatz in allgemeinmedizinischen, internistischen oder gynäkologischen Praxen", sagt Glüer. Wenn der Prototyp fertig ist, folgt die klinische Prüfung.

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